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West Coast Trail CANADA

Ziemlich aufgeregt aber gleichzeitig todmüde drängle ich mich durch die Menschenmassen. Ich bin das erste Mal in Kanada. Lange habe ich von diesem Land geträumt, von Einsamkeit und Natur. Und nun das. Wegen der Commenworld Games sind in Victoria, der Hauptstadt British Columbias alle Menschen auf der Straße. Ein billiger Platz zum Übernachten ist auch nicht zu finden. Alles ist ausgebucht. Nach einer stundenlangen Suche und 48 Stunden ohne Schlaf ist es mir dann irgendwann egal und ich nehme ein Zimmer in einem Bead and Breakfast, das mein Budget um einiges übersteigt. Egal, erstmal schlafen. Am nächsten Morgen geht es dann zum Trail.


Ziemlich misstrauisch beäugt der Busunternehmer meine Kreditkarte. Ich habe sie speziell für diesen Urlaub angefordert und noch niemals benutzt. Nun sitzt vor mir eine wuchtige Gestalt in einem verwaschenen Hawaii Hemd und zerfetzten Jeans und versucht die Bonität der Karte durch ein Telefonat zu prüfen. Der Stuhl auf dem er Sitzt wirkt bei seiner Masse wie ein Kinderhocker. Schließlich legt er den Hörer auf und aus seinen Mundwinkeln rutscht der Satz: "Ya need´d wait". Ich mache mir derweil einige Gedanken, wie ich ohne mein einziges Zahlungsmittel meinen Urlaub verbringen soll. Minuten später klingelt das Telefon und es kommt ein gnädiges "OK!". Meine Karte wird akzeptiert und ich kann erleichtert aufatmen.


Am Trailhead angekommen muss ich auf das Boot am nächsten Morgen warten, dass die Wanderer zum Ausgangspunkt bringt. Alternativ bleibt nur das Schwimmen über einen Fluss. Zeit genug also, die Zeltnachbarn kennen zu lernen. Die meisten kommen zu meiner Verwunderung aus Deutschland.

Frisch und endlich richtig ausgeschlafen geht es auf den Trail. Der begrüßt einen freundlch durch unglaublich riesiege Redcedars, die eigentlich ein Scheinzyprssengewächs sind. Sie bilden eine Art gigantisches Tor.

Ein kurzes Zögern nur und dann werde ich vom westlichen Regenwald aufgesogen. In dieser Gegend der Erde fallen im Jahr etwa 6-mal mehr Niederschlag als in Deutschland. Die Küstenberge halten die Wolkenfronten vom Pazifik auf und zwingen sie beim Aufsteigen in höhere Luftschichten zum Abregnen. Glücklicherweise fällt der Hauptanteil des Regens in die Wintermonate.

Unter diesen Bedingungen wachsen Bäume besonders gut. Sie erreichen hier Höhen von über 100 Metern und einen Durchmesser von bis zu 5 Metern. Ware Giganten begegnen mir auf dem Weg. Der blick ist immer nach Oben gerichtet.


Aber auch der matschige Weg fordert seine Aufmerksamkeit. Den ersten Übernachtuchsplatz wähle ich an der Mündung eines Flusses. Unmengen an Baumstämmen bilden an der Uferlinie einen dichten Verhau, der guten Windschutz bietet und gleichzeitig bestes Feuerholz bereithält.
Am Abend ziehen fette Nebelschwaden vom Meer herauf und schaffen eine mystische Stimmung. Bärensicher hängen die Essenvorräte über Nacht hoch in den Bäumen an einem Seil.


Entstanden ist der West Coast Trail ursprünglich 1889 beim Bau eines Unterseekabels von Kanada nach Indien zur Verbindung der Teile des britischen Empires. 1906 sank hier die S.S. Valencia, ein Schiff mit 126 Passagieren. Von nun an war die Küste bekannt als Friedhof des Pazifiks. In den letzten 100 Jahren sind mehr als 50 Schiffe im Gebiet des Trails gesunken. So wurde der Telegraphenweg erweitert um an der zerklüfteten Felsküste den Schiffsbrüchigen einen Rettungsweg zu schaffen.

 

Eng folgt er den Konturen des Meeresufers und gibt für die heutigen Touristen oft unvermittelt spektakuläre Blicke auf die felsige Küste frei. An vielen Stellen findet man die Überreste von rostigen Schiffswracks als mahnende Zeugen der Zeit. Teile des Weges bieten die Option am Strand, entlang der Tidenzone zu laufen oder alternativ den Weg durch den Wald einzuschlagen. Ich versuche es mit einer guten Mischung. Mal fühlt man sich wie in einem kühlen, dunklen Dom, mal kann der Blick frei und unbelastet in die Ferne schweifen. Sogar die Olympic Peninsular, den nordwestlichsten Punkt der USA, kann man am Horizont erkennen.

 

Die Tsussiatfalls Wasserfälle rauschen von einem Kliff direkt ins Meer. Im Wald kann man sich von der prallen Sonne erholen und ein Wenig abkühlen. Aus jeder Ecke keckern die Squirrels oder hacken die Spechte nach Insekten in der Rinde der tief borkigen Douglasienbäume.
Ist der Weg zu matschig erleichtern zuweilen Bolenwege das Gehen und helfen die Natur gleichzeitig zu schützen indem sie die Menschen auf den Wegen bündeln, und so nicht zahlreiche Nebenwege entstehen lassen.

Das Meer ist gerade warm genug, um Baden zu gehen. So um die 15 Grad wird es Wohl haben. Eines Abends entdecke ich von meinem Camp am STrand aus blasende Wale. Es ist eine Gruppe von Grauwalen, die weit draußen ihre Bahnen zieht. Lange noch sitze ich auf einem Felsen am Stand und suche den Horizont nach weiteren Walen ab. Doch erst am nächsten Morgen entdecke ich wieder einen.Während der Wanderung entlang des Strandes stinkt es plötzlich stark nach Verwesung. Auf den ersten Blick kann ich den Grund nicht erkennen. Dann bemerke ich jedoch, dass der riesige Stein vor mir in Wirklichkeit ein gestrandeter Wal ist. Wie lange er hier schon liegt, ist für mich nicht zu erkennen. Traurig mache ich mich wieder auf den Weg. Die grandiose Landschaft heitert mich bald wieder auf, lässt mich dieses eindringliche Erlebnis aber nicht vergessen.
Am Strand ziehen Seeigelschalen, Krebse und Muscheln meine Aufmerksamkeit auf sich. Überall liegen sie zwischen den Überresten des Kelbs einer riesigen Algenart, die in wahren Unterwasserwäldern an der Küste wächst. Mehrere Male sehe ich Weißkopfseeadler auffliegen.
Mein Essenvorrat beschränkt sich mittlerweile nur noch auf Erdnüsse und Reis mit Zucker, da sämtliche Soßen, die ich auf die Schnelle im Supermarkt gekauft habe noch 10 weitere Zutaten benötigen, um genießbar zu werden. Mitunter ist es also doch besser, sich genauer mit der Beschriftung der Verpackungen zu beschäftigen, wenn sie nicht nur als Ersatzlektüre am Lagerfeuer dienen sollen. Da wäre es leichter gewesen, einen dicken 1000 seitigen Thriller mit auf den Trail zu nehmen.


Am Ende des Trails treffe ich einige Bekannte, die ich an den verschiedenen Lagerstellen auf dem Weg kennen gelernt habe, wieder. Ein großes Hallo entsteht als im Abendlicht ein Orca Wal versucht, auf den Strand zu schwimmen. Alle stehen gebannt im Wasser und fragen sich ob er nun einer von jenen unglücklichen orientierungslosen Tieren ist, die auf den Stand schwimmen und dort sterben, oder ob er sich einfach nur in den groben Kieseln am Meeresboden den Rücken kratzt, um Parasiten los zu werden. Nach einer Stunde zieht der Schwertwal dann glücklicherweise wieder auf das offene Meer hinaus. Ein schöner Sonnenuntergang macht den Abschied vom Trail schwer aber perfekt.


Links:

Pacifik Rim National Park

west_coast_trail_bc.com

 

 

 

 

 

 

 


 

 
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