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Bären,
Geier, Stromschnellen, Portagen und herbstliche Farbenparcht;
Spanish River Ontario Canada
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Um Mitternacht werden wir auf einer einsamen
Forststraße am Duke Lake abgesetzt. Kurz
darauf entschwinden die Rücklichter des Autos
in die Dunkelheit. Nun gilt es zuerst, das Zelt
aufzubauen und die Essensvorräte bärensicher
aufzuhängen. Der Zeltaufbau ist Routine aber
das Aufhängen der Vorräte erweist sich
im Schein der Taschenlampe als zeit- und nerven
raubende Angelegenheit. Vier Meter über dem
Boden sollten die Taschen hängen. Mit der
Funzel ist es schon schwierig, zwei geeignete
Bäume mit ausreichend starken Ästen
zu finden. Das Seil mit dem Stein verfehlt dann
entweder den passenden Ast oder bleibt in einem
Nest aus filzigen Zweigen stecken. "Sch
",
ein Fluch liegt auf meinen Lippen. Das Seil muss
sicher sitzen, denn 20 Kilo müssen "versteckt"
werden. Irgendwann später kriechen wir ins
Zelt. Das kleine Abenteuer beginnt.
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Schon immer war es ein Traum von uns, einmal mit dem
Kanu in die Wildnis Kanadas einzutauchen, nachts ein
Rudel Wölfe heulen zu hören oder einem Bären
gegenüberzustehen. Ein abenteuerlicher Fluss mit
leichtem Wildwasser und einer im wahrsten Sinne des
Wortes "erträglichen" Anzahl an Portagen
war schnell gefunden: der Spanish River. Im Norden Ontarios
600 km nordwestlich von Toronto fließt er eingerahmt
von "Rolling Hills" und spektakulären
Felsen durch eine besonders vielfältige Landschaft
und mündet in einen der größten Süßwasserseen
der Welt, den Lake Huron. Mit dem Finger auf der Karte
und der Nase im Internet entdeckten wir Namen wie: Graveyard
Rapids, Eagle Rock oder Expanse Lake und lasen von Felszeichnungen
der indianischen Ureinwohner. Damit war unsere Entscheidung
gefallen, denn ein familiärer Pflichtbesuch in
Toronto stand sowieso auf der Tagesordnung.
Die eigentlich befahrbare Strecke erstreckt sich über
145 km zwischen Duke Lake und Agnew Lake. Ein 1920 erbauter
Staudamm, der der Stromgewinnung dient, verhindert die
Weiterfahrt zum Lake Huron. Im Oberlauf beginnt der
Ostarm des "Spanish" als kleiner Fluss und
verbindet eine Kette von länglichen Seen, die von
ihren Entdeckern stromauf kommend nummeriert und benannt
worden sind.
Im Anschluss an die Seen vereinigt sich der Ostarm mit
dem wasserreichen Westarm. Schwallstellen steigern sich
von nun an langsam zu Wildwasserabschnitten bis zum
vierten Grad. Daher ist der Spanish im Hochsommer ein
beliebter Fluss für geführte Touren mit Wildwasseranfängern.
Doch warum heißt ein Fluss mitten im Herzland
Kanadas ausgerechnet spanischer Fluss? Dazu gibt es
die folgende Vermutung: Eine schöne Spanierin hatte
das Pech vom Häuptling eines Indianerstammes als
Sklavin eingetauscht zu werden. Sie lebte sich im Stamm
ein und wurde seine Frau. Ihre Kinder lernten auch ihre
Muttersprache. Als später französische Entdecker
mit Erstaunen Indianer trafen, die Spanisch sprachen,
nanntesie den Fluss Espanola. Im englischen ist daraus
Spanish River geworden.
Gegen den Wind
Im mystischen Licht der ersten Sonnenstrahlen geht das
Aufbauen unsers Ally Kanus wie geschmiert. Nur der Berg
aus Taschen, Tonnen und Rucksäcken macht uns Sorgen.
Allerdings verschwindet er später erstaunlich klaglos
unter der Spritzdecke und wir sind zum Start bereit.
Ein strammer Südwind vertreibt die letzten Wolkenfetzen
und bringt strahlenden Sonnenschein. Beim Paddeln müssen
wir uns sogleich ins Zeug legen. Die Ufer des Duke Lakes
und der anderen Seen bieten keinen Windschutz. Viel
eher bilden sie einen Windkanal, da sie genau in Nord
- Südrichtung verlaufen. Wenigstens können
wir an den Ufern unsere Geschwindigkeit ablesen. Bei
durchschnittlich 4 bis 5 Windstärken kriechen wir
vorwärts wie die Schnecken. Öfters werden
wir von heftigen Windböen sogar rückwärts
geblasen.
Ein Fischotter rutscht bei unserem Anblick bäuchlings
wie ein geölter Blitz ins Wasser. Während
einer Paddelpause finden wir an einem schönen Lagerplatz
Bärenspuren im Sand zwischen menschlichen Fußabdrücken.
Wir fragen uns: "Hat sich da jemand einen Spaß
erlaubt, oder hat der Bär das Camp nach Hinterlassenschaften
abgesucht?"
Später passieren wir die Felszeichnungen der Archirigovans,
der zum Stamme der Ojibway gehörenden Indianer.
Sie sind nur vom Wasser aus auf einem Kliff auf der
östlichen Seite des neunten Sees zu bewundern.
Leider meinten einige Schmierfinken sich hier mit Graffiti
ebenfalls verewigen zu müssen.
Nach siebenstündiger Paddelei haben wir nur 15
km zurückgelegt. Belohnt werden wir mit einem Übernachtungsplatz
am Eingang des "Fifth Lakes" unter hohen Kiefern
und Fichten mit Blick auf See und Fluss.
Am Spanish River mischen sich die südlichen Laubwälder
mit den nördlichen borealen Nadelwäldern.
Daher ist die Landschaft besonders artenreich und bietet
Lebensraum für Luchs , Schwarzbär , Timberwolf,
Fischotter, Biber, Fischadler oder die Barred Owel mit
ihrem nächtlichen "Who cooooks for yooouuu?".
Sie sind nur die "sexy Spezies" unter einer
Vielzahl an kleineren und weniger bekannten Tieren,
die sich hier beobachten lassen.
Bombardement aus den Baumwipfeln
Am nächsten Morgen wecken uns dumpfe Geräusche.
Natürlich schießen uns im Halbschlaf zuerst
Bilder von hungrigen Bären durch den Kopf. Nach
einigen Sekunden stellen wir jedoch fest, dass stattdessen
ständig etwas Hartes auf den Boden fällt.
Wir werden bombardiert! Ein Chipmunk (Steifenhörnchen)
ist der Übeltäter. Der lustige Geselle hat
damit begonnen sein Frühstück in Form von
Fichten- und Kiefernzapfen nach unten zu werfen, sporadisch
begleitet von lautem Gezeter. Vermutlich bei besonders
guten Treffern. Eine Prozedur, die auch den Verwandten
unseres kleinen Freundes auf den meisten anderen Übernachtungsplätzen
in der Morgendämmerung besonders gefallen sollte
Dank unseres unfreiwilligen Weckers sind wir früh
unterwegs und bewundern Reste der letzten großen
Strobenwälder (Strobe = eine in Kanada "White
Pine" genannte fünfnadelige Kiefernart) an
den Ufern der Seen. Sie sind wegen ihres guten Holzes
im restlichen Nordamerika fast verschwunden. Riesige
Stroben erheben sich über Birken, Fichten, Ahorne,
Erlen, Kirschen und Pappeln, wie Eltern über ihre
Kinder.
Großenteils befinden sich die Bäume schon
in den buntesten Herbstfarben. Unzählbar viele
Schattierungen von Gelb, einige rote und orange Flecken,
sowie das Grün der Nadelbäume bilden eine
Tolle Komposition. Gekrönt wird das ganze von wettergrau
gegerbten toten Stämmen, die aus dem Dach des Waldes
ragen. Das ist nicht unbedingt ein Zeichen von Waldsterben,
wie so mancher vermuten mag, denn 10 bis 20 % Totholz
sind natürlich für das Ökosystem Wald.
Die kanalartigen Verbindungen zwischen den Seen führen
wenig Wasser und erweisen sich regelmäßig
als Winddüsen. Die ersten richtigen Schnellen treideln
wir auf Grund der geringen Wassertiefe und dem empfindlichen
Boden unseres Faltbootes. Gleich darauf rauschen wir
die ca. 1,5 km langen und gut einsehbaren "Driveroad
Rapids" herunter, bis der Fluss an einer Felswand
einen scharfen Bogen macht. Wir Erkunden die Stelle
und finden ein zerknautschtes Aluminiumboot hoch auf
dem Flussufer. Ein Indiz für die Gewalt des Wassers
Frühjahr. Jetzt jedoch ist die Durchfahrt durch
viele Steine im ersten Drittel blockiert und wir treideln
das Boot auf der Innenkurve. Den Rest der Schnelle schaffen
wir im Boot ohne Grundberührung.
Bären lieben Fisch
Der "Expanse Lake" ist der größte
See der Kette. Die Felsen an seinem Ufer sind zu verlockend,
um einfach an ihnen vorbei zu fahren. Wir erklimmen
einen Felsen über dem See und sind fasziniert von
dem atemberaubenden Blick auf die umgebenden Berge.
Auf halber Seelänge haben wir auf der Karte einen
Übernachtungsplatz entdeckt, den wir nun ansteuern,
als am Ufer ein dickes, sich bewegendes Etwas auftaucht.
Ein Schwarzbär! Als dieser uns erspäht, ist
er plötzlich wie vom Erdboden verschluckt im Gebüsch
verschwunden. Gern hätten wir ihn etwas näher
vom sicheren Kanu aus beobachtet. Fast lautlos bewegen
wir uns mit Indianerschlägen auf die Stelle zu,
an der der Bär verschwunden ist. Gleichzeitig suche
ich nach der Kamera. Gespannt kommen wir langsam näher
und tatsächlich!, wir werden für unsere Geduld
belohnt. Ein stummes "whooooow" gleitet über
unsere Lippen. Zögerlich kommt der Bär wieder
hervor und versucht Witterung zu bekommen. Der Wind
allerdings weht aus seiner Richtung. Eine geruchliche
Identifizierung der Eindringlinge wird ihm damit unmöglich
gemacht. Uns gelingen derweil einige Beweisfotos. In
solchen Momenten ärgere ich mich oft, nicht ein
Objektiv mit längerer Brennweite zu besitzen. Dann
trollt sich der Bär ins Gebüsch. Erst jetzt
bemerken wir zwei weitere, kleinere Fellknäule,
die gut getarnt die ganze Zeit im Gebüsch gestanden
haben müssen. Sie folgen ihrer Mutter.
Wir beschließen den nächsten Campplatz anzufahren.
Etwa 1,5 km weiter, glücklicherweise auf der anderen
Seite des Sees, schlagen wir unser Lager auf. Prompt
bemerken wir, dass ein starker Fischgeruch in der Luft
hängt. Am Ufer und über das Lager verteilt
finden wir die Überreste einer Gruppe von Fischern:
dutzende Hechte und andere Fischkadaver. Es ist schon
fast dunkel. Einen anderen Platz zu finden, ist nicht
mehr möglich. Bären lieben Fisch. Bären
haben wir gerade gesehen. Also säubern und schrubben
wir das Ufer und die Feuerstelle und versenken alles
tief im See.
Kein Lüftchen regt sich und kein Geräusch
dringt an unsere Ohren. Unsere Herzen sind gefüllt
mit den Erlebnissen des Tages. Sie zu verarbeiten bleibt
unseren Träumen vorbehalten.
Nach den "Kingfisher Swifts" treffen sich
der West und der Ostarm des Spanish Rivers bei "The
Forks". Im Oberlauf des Westarms lebte und wirkte
im frühen 19 Jahrhundert der als einer der ersten
Umweltschützer bekannte Schriftsteller Wa-sha-quon-asin
oder Grey Owl. Er setzte sich für die Erhaltung
der Biber ein, die sich auf Grund der intensiven Fallenstellerei
bereits am Rande des Aussterbens befanden. Nur wenige
wussten bis zu seinem Tode, dass er kein nativer Indianer,
sondern der Engländer Archey Belaney war. Biber
und ihre Burgen finden sich heute wieder alle paar hundert
Meter entlang des Flusses.
Die Wassermenge verdreifacht sich von nun an und sorgt
für gute Wasserstände in den Stromschnellen.
Außerdem trifft eine Bahnlinie hier auf den Fluss
und folgt ihm in mehr oder minder großen Abstand
für etwa 20 km. Die Athlone Rapids machen eine
erste richtige Portage von 400 Metern nötig. Im
Regen schleppen wir das ganze Geraffel durch den Wald
und sind froh als wir den zweiten Teil der Rapids befahren
können. Eine weitere 400 Meter lange Portage wurde
uns erspart. Nach einigen kleinern Schnellen und Swifts
gelangen wir zum Bahnhof Sheahan: ein Schild, ein paar
klapprige Holzbuden und ein Haus, mehr nicht. Keine
Seele ist zu erspähen.
Unser nächster Lagerplatz ist ganz in der Nähe
der Bahnlinie. Wir befürchten eine schrecklich
laute Nacht. Doch hören wir nicht einen einzigen
Zug. Stattdessen weckt uns Nachts ein lautes Knacken
im Unterholz. Eigentlich gibt es dafür nur zwei
Erklärungen: Bär oder Elch. Zuerst leuchten
wir nach den Essensvorräten im Geäst. Jetzt
macht sich der Reflektor unser wasserdichten Fahrradtaschen
ungewollt nützlich. Sie signalisieren: " Alles
OK". Trotzdem entschließen wir uns dafür
eine Runde zu singen, da wir zu faul sind uns aus den
Schlafsäcken zu pellen. Das Ständchen zu nächtlicher
Stunde muss den "Bären" fürchterlich
erschreckt haben, denn er lässt sich nicht mehr
blicken respektive hören. Zweck erfüllt, Schlaf
gewonnen.
Gäbe es in Kanadas Fernsehen die Sendung: Kanada
sucht den Superbärenschreck würden wir sicher
für die Endrunde nominiert werden.
Ein perfekter Übernachtungsplatz
Der nächste Tag begrüßt uns mit ausdauernden
Regenschauern. Die Spritzdecke unseres Kanus bewährt
sich bei solchem Wetter, da man relativ trocken fast
wie im Kajak sitzt.
Nach den Cliff Rapids, die wie ihr Name vermuten lässt,
eine Felswand passieren aber leicht zu befahren sind,
verzweigt sich der Spanish River in unzählige Arme.
Wir müssen uns konzentrieren, um bei den vielen
kleinen und großen Kiesbänken nicht plötzlich
auf dem Trockenen zu sitzen. Oft haben wir das Gefühl,
dass der Boden unseres Faltkanadiers nur Millimeter
über die Kiesel hinweg schrammt. Glücklicherweise
ist der Wasserstand meist gerade ausreichend und die
Kiesel abgerundet.
Bald schon erreichen wir den "Spanish Lake".
Ein perfekter Übernachtungsplatz an seinem Nordende
lädt uns zu ungewöhnlich früher Tageszeit
zum lagern ein. Die typischen Granitfelsen des kanadischen
Schildes bilden hier die Unterlage für das Zelt.
Sogar die Sonne meint es gut mit uns und beschert uns
einen wunderschönen Abend am wärmenden Lagerfeuerchen.
Stichlinge knabbern die restlichen Hautschuppen einer
gründlichen Waschaktion. Biber und Bisamratten
schwimmen im Sonnenuntergang geschäftig umher.
Eine Eule jagt eine kleine Ewigkeit lang nach Mäusen
auf einer länglichen mit Wasserschachtelhalm umrandeten
Insel. Zu allem Überfluss zieht ein Fischadler
seine Bahnen den Konturen des Ufers folgend. Ein perfekter
Abend geht zu Ende.
Die "Graveyard Rapids"
Anderntags treffen wir beim Aufbrechen auf die einzigen
menschlichen Wesen der gesamten Tour. Sie fahren von
ihrer kleinen Hütte am Ende des Sees aus mit einem
Motorboot zum Fischen und winken freundlich herüber.
Wir sind ein wenig aufgeregt, denn heute stehen die
Graveyard Rapids" (Friedhofs Schnellen) auf dem
Programm die sich in fünf verschiedene Wildwasserabschnitte
unterteilen. Am Ende des 19 Jahrhundert begann auch
hier das Treiben der Holzfäller. Besonders begehrt
waren die geraden Stämme der "White Pines"
für den Schiffbau. Der Abtransport des Holzes erfolgte
mit den Frühjahrshochwassern. Häufig verkeilten
sich Stämme im Fluß und die Flößer
mussten mit langen Holzstangen bewaffnet diese Logjams
(Holzstaus) auflösen. Eine äußerst gefährliche
Arbeit, bei denen einige ihr Leben in den Schnellen
ließen.
Das wollen wir natürlich nicht. Vorsichtig fahren
wir an die Stromschnellen heran und besichtigen von
der rechten Uferseite erst einmal die Lage. Der erste
Set sieht eigentlich fahrbar aus, da wir aber nicht
kentern und in die nahen Fälle getrieben werden
wollen, wählen wir die konservative Variante. Wir
treideln einen Teil und fahren dann bis in die Nähe
der Fälle der "Little Graveyards". Auch
hier konnten wir mit Vorsicht und Geschick den größten
Teil sicher Treideln was die Portage von einigen hundert
auf 20 Meter direkt an den schäumenden Wasserfällen
schrumpfen lässt. Richtig Spaß macht der
nächste Schwall mit größeren Wellen
aber klarer Linie. Nach einem kurzen Abschnitt trägen
Zahmwassers folgt dann "Big Graveyards". Die
beeindruckenden Fälle müssen linkerhand über
100 Meter umtragen werden. Das Schauspiel genießen
wir vom Ufer aus bevor wir den letzten kleinen Fall
auf 10 m rechts umtragen.
"Geschafft!", bei diesen Wasserständen
waren die "Graveyards" nicht so schlimm wie
ihr Name vermuten lässt!
Da wir noch Energie und Zeit haben, nehmen wir anschließend
auch noch die Agnes Rapids in Augenschein. Ein breites
Meer aus Steinen, das unserem Bootsboden arg schaden
würde. Daher treideln wir auf der linken Flussseite
über einige hundert Meter. Besondere Vorsicht ist
geboten, da hier allerlei metallische und hölzerne
Überbleibsel aus den letzten Holzfällertätigkeiten
der 50 Jahre dieses Jahrhunderts zu sehen sind.
Erschöpft vom Schleppen und Treideln finden wir
bald einen unglaublich tollen Übernachtungsplatz.
Er befindet sich etwa 5 Meter hoch auf einem Felsen
über dem Fluss. Sein einziger Nachteil ist es,
dass man die ganze Ausrüstung steil nach Oben tragen
muss. Die Belohnung aber wartet schon mit einem Überblick
auf den breiten, fast stromartigen Fluss. In der Ferne
hört man die Stromschellen rauschen.
Als wir nach einer kalten Nacht aufwachen, in der wir
das erste Mal die Schlafsäcke schließen mussten,
ist die Umgebung in dicken Nebel gehüllt. Während
wir mit den Aufräumarbeiten beschäftigt sind,
beginnen sich die Nebelschwaden aufzulösen. Einzelne
Nebelsäulen verändern ständig ihre Form.
Sie recken sich und schrumpfen gleich darauf, oder treiben
wie Zwergenwindhosen in Fließrichtung langsam
über den Fluss bevor sie in sich zusammenfallen
und sich gänzlich auflösen.
Ein königlicher Ritt
Wieder früh auf dem Fluss treffen wir bald auf
die langen Cedar Rapids: eine schäumende und kurvige
Angelegenheit. Die großen Steine und hohen stehenden
Wellen im Anfangsdrittel sind nach eingehender Betrachtung
der Szenerie aber mit einigen Ziehschlägen und
Hebeln sicher zu umgehen. Der Rest ist purer, spritziger
Spaß mit technischen Manövern an Steinen
vorbei.
Was nun folgt wird in der Literatur als "the royal
ride to the wakonassin delta" beschrieben. Ein
königlicher, Kilometer langer Ritt über eine
Unzahl von leichten Stromschnellen bis zur Mündung
des Wakonassin River in den Spanish. Und tatsächlich,
die Beschreibung ist treffend , denn wir reiten unser
"Gummiboot" in atemberaubender Geschwindigkeit,
dass die Kilometer nur so schmelzen. Bei niedrigem Wasserstand
allerdings ist ein häufiges aufsetzen des Bootes
wahrscheinlich und wird den Spaß wohl etwas mildern.
Das Delta selbst verdient seinen Namen, denn einige
flache Inseln machen es schwer zu unterscheiden in welchem
Fluss man sich befindet. Auf der Uferböschung entdecken
wir einen Lagerplatz mit Blick über das gesamte
Delta. Die Aussicht ist wie geschaffen für die
Beobachtung von Elchen. Leider lässt sich am Abend
kein einziger Elch blicken.
Wölfe
Ein ausdauernder Landregen regt am nächsten Morgen
nicht gerade zum Aufstehen an. Stunden später nutzen
wir dann die erste Regenpause zum Aufbruch. Kaum sind
wir auf dem Wasser legt der Regen wieder los: "volle
Kanne". Trotz Gortex -Jacke und Spritzdecke fühlen
wir uns nach einer kurzen Paddelstrecke muffelig feucht
und schlagen in Sichtweite des "Eagle Rock"
erneut unser Lager auf. Der "Adler Felsen"
ist für den Stamm der Ojibway Indianer ein heiliger
Ort. In seiner Umgebung lebten schon vor 7000 Jahren
ihre Vorfahren, wie archäologische Funde beweisen.
In strömenden Regen versuchen wir ein Feuer zu
entfachen. Das Feuerzeug ist nass geworden. Also testen
wir die teuer erstandenen wasserfesten Streichhölzer.
Eine echte Enttäuschung. Der Streichholzkopf scheint
eher feuerfest denn wasserfest zu sein. Selbst zu einem
späteren Zeitpunkt bei trockenem Wetter lassen
sich diese Hölzer nicht entzünden. Zum glück
haben wir noch eine Filmdose gefüllt mit normalen
Streichhölzern, die zuverlässig funktionieren.
Regen hämmert nachts wagerecht gegen unser gutes
altes Zelt. Der Wind rüttelt daran wie mit einer
großen Hand. Aber im Schlafsack bleibt es gemütlich
warm. Mitten in der Nacht werde ich plötzlich durch
ein vielstimmiges Geheule geweckt. Nach kurzem zögern
wecke ich Hao und sage :"Das ist nicht der Wind,
das sind Wölfe!" Ziemlich verschlafen dreinblickend
dauert es eine Weile, bis die gesagten Worte zu Ihr
durchsickern. Dann lauschen wir gemeinsam fasziniert
eine Zeit lang dem vielstimmigen Wolfschor. Ihren Standort
vermuten wir auf einem der Hügel in der Nähe,
da sie trotz des Wettergetöses deutlich zu vernehmen
sind. Als wir am Morgen aufwachen sind Wind und Regen
verschwunden, die Wölfe leider auch.
Über den felsenreichen Agnew Lake sind es dann
nur noch ein paar Kilometer bis zur gleichnamigen Lodge.
Dort übernachten wir , trocknen unsere Sachen und
warten auf unser Autoshuttle aus Toronto durstig nach
weiteren Taten. Wir freuen uns schon auf den nächsten
Familienbesuch in Kanada!
Charakter der Tour
Trotz zweier Ausstiegsmöglichkeiten im Flussverlauf
handelt es sich hier um einen Wildnisfluss. Bei Notfällen
kann Hilfe Tage weit entfernt sein.
Komplette Selbstversorgung für 7 bis 10 Tage ist
nötig. Eine gewisse Wildwassererfahrung bis zum
zweiten Grad ist dringend zu empfehlen, da nicht alle
leichten Stromschnellen umtragen werden können.
Schwerere Wildwasserabschnitte haben alle Portagen.
Man muss in der Lage sein ein Kanu mittels Seilfähre
jederzeit vor Hindernissen wie Wasserfällen stoppen
zu können. Blutigen Anfängern ist diese Tour
nicht zu empfehlen! Sie sollten sich lieber einem kommerziellen
Anbieter anschließen, die in den Sommermonaten
geführte Touren anbieten. Derart geführt ist
der Fluss ein perfektrer Platz für Wildwasseranfänger,
denn die Schwierigkeitsgrade steigern sich langsam und
gipfeln in den Graveyard Rapids. Alle Stromschnellen
vorher erkunden !
Beste Zeit
Hohe Wasserstände erhöhen im Mai, Juni die
Schwierigkeitsgrade der Schnellen wesentlich, wie einige
Bootwracks unterwegs zeigen. Nur für Experten.
Im Hochsommer ist der Spanish ein beliebter Wildwasserwanderfluss
mit vielen Mücken aber moderaten Wasserständen.
Weniger Mücken und niedrigere Wasserstände
aber auch kaum Menschen findet man im September. Nach
trockenen Sommern kann der Wasserstand auf einigen Abschnitten
ein ständiges Aussteigen und ziehen des Kanus nötig
machen. Vorher nachfragen im Internetforum von Canadian
Canoe Routes: www.myccr.ca.
Temperaturen entsprechen zu dieser Zeit im Wesentlichen
denen Deutschlands. Das Wasser hatte bei uns Mitte September
noch Badetemperatur. Aber Vorsicht: In den Seen gibt
es eine Unmenge von Blutekeln. Nicht von der Haut abreißen,
sondern mit Feuer oder Messer irritieren, dann fallen
sie alleine ab. Als Bonus gibt es zu dieser Zeit die
prächtigen Herbstfarben des Indian Summers.
Führer/ Kartenmaterial
Paddler´s Guide to Ontario , Kevin Callan, The
Boston Mills Press, isbn: 1-55046-385-3
The Adventure Map, Spanish River Provincial Park, Chrismar
Mapping Services (www.chrismar.com) isbn: 0-929140-74-5
Outfitter service:
Mietausrüstung, Autoshuttle, geführte Touren,
Übernachtungen bieten:
Agnew Lake Lodge: Webbwood , Ontario P0P 2G0. Tel(705)
869-2239
(www.agnewlakelodge.ca)
Fox Lake Lodge: Box 390 , Levack, Ontario P0M 2C0, Tel:
(705) 965- 2701
(www.spanishriveroutfitters.com)
Sundog Outfitters: Box 1014 , Dowling, Ontario P0M 1R0
, (705) 855-0042
(www.sundogoutfitters.com)
Übernachtung:
Da man sich in einem Provinzpark befindet sollte man
sich an die ausgewiesenen Übernachtungsplätze
halten. Gekennzeichnet durch ein Rotes Schild mit einem
schwarzen Zelt. Fast alle sind wunderschön gelegen.
Alternativen einplanen falls einem Bärenspuren
an dem geplanten Platz nicht geheuer sind.
Bären
Schwarzbären meiden gewöhnlich den Menschen,
wenn sie Ihn sehen, riechen oder hören. Sollten
man doch einmal auf einen Bären treffen, gilt es
Ruhe zu bewahren. Nicht weglaufen. Groß erscheinen
(Jacke öffnen, Paddel über den Kopf halten
)
und wenn der Bär nicht verschwindet, langsam zurückziehen.
ruhig mit dem Bären sprechen (vermeidet Verwechselungen
mit Elchkälbern). Sollte ein Schwarzbär wiedererwarten
angreifen, nicht tot stellen! , sondern mit allen mitteln
wehren. Lärm, Bärenspray
Erfreulich:
Die Wahrscheinlichkeit für einen tödlichen
Bärenangriff soll unter der eines Blitzschlages
liegen.
Alles was riecht : Essen, Töpfe, Hygeneartikel,
Müll, Bonbons aus der Jackentasche
gehört
des Nachts in die Bäume. Wenigstens 4 Meter über
den Erdboden und 2 m seitlich von den Bäumen weg.
Das funktioniert am besten mit zwei 15 Meter langen
Seilen, die jeweils mit einem Stein am Ende über
einen 5 Meter hohen Ast geworfen werden. Diese Arbeit
kann bei fehlenden guten Bäumen sehr viel Zeit
in Anspruch nehmen und ist im Dunkeln besonders schwierig.
Das heißt: Aktion am besten gleich bei Campaufbau
starten! Tiere niemals Füttern. Fisch nicht am
Ufer säubern sondern im Wasser. Reste nicht an
Land werfen!
Anfahrt
Für einen Flug nach Toronto sind 300 bis 600 Euro
einzuplanen. Mit dem Auto sind es ca. 6 - 7 Stunden
Fahrt Richtung Sudbury und dann über Highway 144
Richtung Timmins. Vom Highway zweigt linkerhand eine
kleine Forststraße ab, ausgeschlildert als:"
Duke Lake Access Point". Greyhound Busse möglich
aber mit viel Tragerei verbunden.
Endpunkt: Es bietet sich die Agnew Lake Lodge am südlichen
Ende des Agnew Lakes als Aussatzstelle an. Hier vermietet
eine nette gerade aus Holland eingewanderte Familie
ab etwa 60 Dollar eine Hütte. Wäsche Waschen
und Telefonieren möglich. Ebenso ein Transport
zur nächsten Busstation.
Als alternativer Einsatzpunkt bietet sich Lake Biscotasi
an. Der Westarm des Spanish River beginnt hier und hat
mehr Wildwasser zu bieten als der Ostarm. Bei "the
Forks" vereinigen sich beide Arme. Zugang Zug oder
Straße. Der Damm am Lake Biscotasi beeinflusst
den Wasserstand des Flusses.
Weitere Einsatzpunkte für eine allerdings erheblich
kürzere Tour bieten der Bahnhof Sheahan oder "the
Elbow" mit der Fox Lake Lodge (Logging Road). Für
einen Notfall bieten sich hier zwei Ausstiegsmöglichkeiten.
Weitere Info:
Der Spanish River wurde erst kürzlich zum Provinzpark
erklärt. Verwaltet wird der Park noch über
den Windy Lake Provincial Park 199 Larch Street, Sudbury
Ontario P3E 5P9 (705) 966-2315 (www.ontarioparks.com/english/windy.html)
Wetterbericht. Über. www.theweathernetwork.com
kann man relativ gute Wettervorhersagen über die
Region bekommen.
Bus: www.greyhound.ca
Tipps für Region:
Verbinden lässt sich eine Tour auf dem Spanish
wunderbar mit einem Besuch der zahlreichen Provinzparks
in Ontario. In der Nähe befinden sich der Killarney
und der Algonquin Provincial park.(www.algonquinpark.on.ca/)
In beiden sind längere Kanutouren und Wanderungen
möglich.
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